9. Runder Tisch 29.03.2021 – DB Netz AG entscheidet sich für Variante 4B

29. 03. 2021

Die Variante 4B zweigt Espenau – Mönchehof von der Bestandstrecke 2550 (Warburg – Kassel) ab und verläuft am nord-östlichen Stadtrand von Vellmar durch einen 2,4 km langen Tunnel nach Niedervellmar. Dort gabelt sie sich die eingleisige Strecke nach dem Tunnelausgang westlich des Geländes der Bundespolizei, wobei der nach Osten führende Schienenstrang dann auf einer 330 Meter langen Brücke die Ihringshäuser Straße und die Bestandsgleise überquert und danach westlich von Ihringshausen in die Bestandstrecke 1732 (Kassel – Hann.Münden) einbindet.
Die DB will diese Variante nun als Antragsvariante in das Raumordnungsverfahren beim Regierungspräsidium Kassel einbringen.

Wir protestieren weiter gegen eine Variante 4B der Kurve Kassel!
Es trifft schlicht und einfach nicht zu, dass es am 29.03. 2021 beim Runden Tisch keine kritischen Nachfragen zu einzelnen Bewertungen bei der Variante 4B gegeben hat. Die Bürgerinitiativen Vellmar und Espenau weisen die Darstellung der DB Netz AG zum Ergebnis des Runden Tischs am 29.03 im HNA-Artikel vom 31.03.2021 („Hier soll die Kurve Kassel verlaufen“) entschieden zurück. Anders als DB-Projektmanager Schütz behauptet, ist die Entscheidung für die Variante 4B bei vielen Teilnehmern sehr wohl „auf Unmut gestoßen“. Denn die Einwände und Bedenken der Bürgerinitiativen in dem formalen Vergleichsmechanismus sind bei der Variantenbewertung durch die DB einfach durch das Raster gefallen. Sie sind und bleiben aber berechtigt.

Bei uns hat sich immer mehr der Eindruck verstärkt, dass für die DB Netz AG sowieso von Anfang an feststand, welche Variante am Ende herauskommen sollte: die Variante 4B, weil sie die kürzeste ist und im Vergleich die günstigste. Einzelne Varianten sind nach unserer Ansicht überhaupt nur in den Vergleich aufgenommen worden, um den Anschein zu erwecken, es würde eine breite Palette von möglichen Streckenverläufen bestehen.

So wurden nachträglich noch die Varianten 1 und 2 (Immenhausen – Wilhelmshausen bzw. Immenhausen – Speele) mit langen und teuren Tunnelstrecken in den Bewertungsprozess einbezogen. Die sind dann aber von der DB vorzeitig wieder aussortiert worden, weil sie mit einer Fuldaüberquerung verbunden sind und die Fulda-Aue dort FFH-Schutzgebiet ist. Das war aber den DB-Planern von vornherein bekannt.
Ebenso absehbar war, dass die Variante 5 mit dem monströsen Brückenbau über die B 83 durch Niedervellmar auf der Strecke bleiben würde. Die massive Belastung der betroffenen Anwohner durch die Streckenführung mitten durch den Stadtteil, die nachteiligen Folgen für Luft und Klima und auch der von vornherein feststehende erhebliche Eingriff in das Stadtbild haben aber bei der DB dennoch nicht von vornherein zu einem Ausschluss dieser Variante geführt. Letztlich ist sie erst zum Schluss wegen der mit ihr verbundenen Überlastung des Bahnhofs Obervellmar von der DB aussortiert worden. Auch das war aber von vornherein absehbar.
Niemand kann schlüssig nachvollziehen, warum bei diesen K.o.-Kriterien solche Varianten überhaupt geprüft wurden.

Variante 4B hat schlechtestes Ergebnis beim Schutzgut „Luft und Klima“!

Es ist zynisch, wenn die DB von „einer geringen Belastung von Mensch und Natur“ durch die Variante 4B redet. Das zeigt sich nicht nur bei den Anliegern des Gewerbegebiets Kämperbrücke, die zukünftig eine riesige Bahnbrücke direkt vor die Türen ihrer Wohn- und Geschäftshäuser bekommen sollen. Die zu erwartenden Auswirkungen auf Kaltluftschneisen und Frischluftzufuhr bei der Variante 4B führen dazu, dass sie beim Schutzgut „Luft und Klima“ im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung die schlechteste Bewertung aller geprüften Varianten aufweist. Wenn die DB behauptet, die Variante 4 B „zerschneidet die Landschaft nur gering“, sprechen die Bilder vom geplanten Streckenverlauf eine andere Sprache. Bestehende Naherholungsmöglichkeiten für die Menschen in Vellmar mit Rad- und Wanderwegen werden durch die Gleisanlagen mit tiefen Trogbauwerken vor dem Tunnel und im Streckenverlauf, durch Rettungsschächte, -plätze und -wege zerstört oder entwertet. Dies wurde im Bewertungsverfahren kaum berücksichtigt. Von den Belastungen der Menschen in der benachbarten Umgebung während der mindestens fünfjährigen Bauphase mit zwei mehrere Hektar großen Plätzen für die Baustelleneinrichtung vor den Tunneleingängen spricht die DB gar nicht.  

Das sind nur einzelne von vielen Punkten, die wir beim Bewertungsprozess und an der Variante 4B, die sich als Bewertungsergebnis schon seit einiger Zeit abzeichnete, kritisiert haben, auch noch beim 9. Runden Tisch am Montag. Diese Kritik prallt jedoch am DB-Management ab. Wenn es unsere Einwände in dem HNA-Artikel jetzt noch öffentlich ignoriert, zeigt das, was sie von einer solchen Öffentlichkeitsbeteiligung hält.

Die Alternativstrecke ist „nicht vom Tisch“!

Wir halten an unserer Auffassung fest, dass die von uns vorgeschlagene Alternativstrecke Altenbeken – Northeim – Nordhausen die gegenüber einer Kurve Kassel nicht nur verkehrlich, sondern langfristig auch wirtschaftlich bessere Lösung ist. Die DB will hier mit dem Szenario eines vollständigen zweigleisigen Ausbaus und dem dafür angeblich entstehenden Aufwand von 1. Milliarde Euro eine sachgerechte Prüfung dieser Alternative vom Tisch wischen. Wir sind der Überzeugung, dass sich ein zweckentsprechender Ausbau dieser Strecke mit deutlich geringerem Aufwand realisieren lässt und die Nutzungsvorteile der kürzeren Streckenführung die Mehrkosten gegenüber einer Kurve Kassel schon mittelfristig amortisieren werden. Die DB hat sich bisher nicht in der Lage gesehen, hierzu Berechnungen anzustellen. Diese Frage wird aber spätestens im Zuge der Entscheidung über von uns eingelegten Petitionen beim Deutschen Bundestag geklärt werden. Über diese ist bisher noch nicht entschieden worden und bis dahin ist die Alternativstrecke auch noch nicht „vom Tisch“, auch wenn die DB das gern hätte.

 

Bild zur Meldung: Verlauf der Variante 4B